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Der Ausdruck Supply-Chain-Management (SCM) bzw. Lieferkettenmanagement, deutsch auch Wertschöpfungslehre, bezeichnet die Planung und das Management aller Aufgaben bei Lieferantenwahl, Beschaffung und Umwandlung sowie aller Aufgaben der Logistik. Insbesondere enthält es die Koordinierung und Zusammenarbeit der beteiligten Partner (Lieferanten, Händler, Logistikdienstleister, Kunden). SCM integriert Management innerhalb der Grenzen eines Unternehmens und über Unternehmensgrenzen hinweg.[2] Wesentliches Paradigma hierbei ist es, dass nicht mehr Einzelunternehmen, sondern stattdessen vernetzte Lieferketten miteinander konkurrieren, wodurch eine Integration und Koordination der Mitglieder des Systems „Lieferkette“ nötig wird. Diese Aufgabe übernimmt das SCM.

Grundlagen

Durch die Tendenz zur Konzentration auf Kernkompetenzen (Outsourcing, Verringerung von intraorganisationaler Arbeitsteilung/Fertigungstiefe im Unternehmen) entwickeln sich zunehmend differenziertere (d. h. arbeitsteiligere) Lieferketten[3]. Scharfer Wettbewerb in globalen Märkten, kurze Produkteinführungszeiten (Time-to-Market), kurze Produktlebenszyklen und hohe Kundenerwartungen haben Lieferketten ins Zentrum betriebswirtschaftlicher Entscheidungen gerückt[4].

Im Ergebnis konkurrieren auf den jeweiligen Zielmärkten nicht vertikal integrierte Einzelhersteller, sondern stattdessen komplex strukturierte alternative Lieferketten, die sich aus systemisch verbundenen, aber autonom agierenden unternehmerischen Einheiten zusammensetzen[5]. Wettbewerbsvorteile erlangen solche dezentral organisierten Systeme insbesondere durch eine marktadäquate Konfiguration ihrer Struktur sowie durch eine überlegene Koordination und Integration der autonom gesteuerten Aktivitäten in der Lieferkette. Diese Überlegung hat zum Supply-Chain-Management (SCM; Lieferkettenmanagement) geführt. SCM befasst sich somit – anders als die Betriebswirtschaftslehre – nicht mit dem System „Unternehmen“, sondern mit dem System „Lieferkette“.

Die besonderen Eigenschaften des (Gesamt-)Systems „Lieferkette“ ergeben sich aus dem spezifischen dynamischen Zusammenwirken der Lieferkettenglieder. Diese Systemeigenschaften lassen sich nicht aus der Summe der Eigenschaften der beteiligten Einzelglieder ableiten, vielmehr treten als Ergebnis komplexer dynamischer Prozesse neue Eigenschaften des Gesamtsystems hervor (Emergenz). Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem SCM stützt sich deshalb (was die formal/mathematische Seite anbelangt) stark auf die Erkenntnisse der Systemtheorie sowie der Chaos- und Komplexitätsforschung. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht finden bei der Analyse von SCM-Problemstellungen insbesondere Erklärungsansätze der neuen Institutionenökonomik (Transaktionskostentheorie, Theorie der Verfügungsrechte, Prinzipal-Agent-Theorie) sowie der Ressourcentheorie Anwendung.

Definition

Erstmals wurde der Begriff von den Beratern Oliver und Webber verwendet.[6] Oliver war zu der Zeit der verantwortliche Partner in London bei Booz für Operations Management. Er hatte die Grundidee und Partsch setzte sie als Projektleiter bei Landis & Gyr in Zug (Schweiz) im Jahre 1981 um. Dies war zugleich das erste offizielle Supply-Chain-Management-Projekt der Welt. Dabei entwickelte Partsch auch die gesamte Analyse-Methodik.

Es existieren zahllose Definitionen des Supply-Chain-Managements, von denen sich bislang keine endgültig durchsetzen konnte[7]. Eine frühe, flussorientierte Definition stammt von Cooper und Ellram (1990). Demnach ist Supply-Chain-Management ein integrativer Ansatz, um den Gesamtfluss eines Absatzkanals vom Lieferanten bis zum Endkonsumenten zu steuern[8]. Eine mehr auf das Netzwerk gerichtete Definition stammt von Harland (1996). Demnach ist Supply-Chain-Management das Management eines Netzwerks miteinander verbundener Betriebe, die an der letztlichen Bereitstellung von Produkt- und Dienstleistungspaketen beteiligt sind, die vom Endkunden angefordert werden[9].

Der Council of Supply Chain Management Professionals (CSCMP) definiert Supply-Chain-Management wie folgt (eine deutsche Übersetzung dieser Auffassung wird auch eingangs in diesem Artikel verwendet):

“Supply chain management encompasses the planning and management of all activities involved in sourcing and procurement, conversion, and all logistics management activities. Importantly, it also includes coordination and collaboration with channel partners, which can be suppliers, intermediaries, third party service providers, and customers. In essence, supply chain management integrates supply and demand management within and across companies.”[2]

Trotz der Vielzahl an Definition sind ihnen häufig bestimmte Eigenschaften gemein; sie beruhen auf Begriffen wie Koordination und Integration, sie betonen die Harmonisierung von Abläufen zwischen den Mitgliedern der Lieferkette und sie stellen funktionsübergreifende Geschäftsprozesse in den Mittelpunkt, um Wertschöpfung für die gesamte Lieferkette zu erzielen[10].

Abgrenzung von der Logistik

SCM und Logistik werden vielfach synonym verwendet. In der Tat zielen SCM wie Logistik auf die Gestaltung von Objektflüssen (Güter, Informationen, Werte) entlang der Prozessstufen der Lieferkette, wobei sie auf eine Steigerung des (End-)Kundennutzens (Effektivität) und auf eine systemweite Verbesserung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses (Effizienz) zielen.

Insbesondere bei Transport und Lagerhaltung im Unternehmen macht der Übergang zum modernen Supply-Chain-Management einen qualitativen Sprung. Während die Logistik die Objektflüsse weitgehend unabhängig von institutionellen Fragestellungen betrachtet, bezieht das SCM die Strukturierung und Koordination autonom agierender unternehmerischer Einheiten in einem Wertschöpfungssystem explizit in die Analyse ein. Das SCM betont somit in Abgrenzung zur Logistik den interorganisationalen Aspekt der logistischen Management-Aufgabe. Das Supply-Chain-Management kann vielmehr als ein neuer Ansatz der Betriebswirtschaftslehre angesehen werden, der sich auch über die Grenzen des Betriebes erstreckt. Er beinhaltet nicht nur die Logistik, sondern alle anderen Felder der Betriebswirtschaftslehre z. B. Marketing, Produktion, Unternehmensführung, Unternehmensrechnung und Controlling.

Herbert Kotzab schreibt in seinem Beitrag Zum Wesen von Supply Chain Management vor dem Hintergrund der betriebswirtschaftlichen Logistikkonzeption[11] über die Thematik und vergleicht den deutschen Ansatz der betriebswirtschaftlichen Logistikkonzeption mit dem des Supply-Chain-Managements. Demnach umfasste der deutsche Ansatz bereits ein ganzheitliches Management entlang der gesamten Wertschöpfungskette, bevor es die englische Betitelung supply chain management annahm.

Die Autoren Paul Larson und Arni Halldórsson erörterten in ihrem Artikel Logistics versus supply chain management: an international survey aus dem Jahre 2004 die Thematik. Sie gehen der Fragestellung nach, ob die Gebiete Logistik und Supply-Chain-Management eine Vereinigungsmenge oder eine Schnittmenge darstellen, oder ob sie gar disjunkt sind. Gemäß der von Larson und Halldórsson formulierten und in der Praxis vorherrschenden „unionistischen“ Perspektive auf das Supply-Chain-Management ist dieses „breit“ und „tief“ und Logistik nur ein Bestandteil von SCM[12].

„Breite“ und „Tiefe“ des Supply-Chain-Managements

SCM ist breit, da es unterschiedliche Geschäftsfunktionen verzahnt, darunter Logistik, Fertigung, Rechnungswesen und Forschung und Entwicklung. Durch diese breite Betrachtung verschwimmen die Grenzen zwischen den traditionellen Geschäftsfunktionen und SCM[13].

SCM ist tief, da es die strategische, taktische und operative Phase des Managements umfasst[14]:

  • Die erste Phase wird als strategisches Supply-Chain-Management bezeichnet. Sie ist durch Unternehmensentscheidungen mit langfristigen Auswirkungen gekennzeichnet. Hierzu zählen Entscheidungen bezüglich Auslagerung (outsourcing), Lieferantenwahl und Standortplanung für Lager und Fabriken[15]. Wesentlich in dieser Phase ist die Auswahl einer passenden Supply-Chain-Strategie entsprechend den Produkt- und Marktanforderungen. Um diese Bedeutung und die Bedeutung des Supply-Chain-Designs in dieser Phase zu betonen, wird sie auch Supply-Chain-Strategie- oder -Design-Phase genannt[16].
  • Die zweite Phase wird als taktisches Supply-Chain-Management bezeichnet. Vorbestimmt durch das in der vorhergehenden Phase festgelegte Design werden hier Entscheidungen mit einem Zeithorizont zwischen einem Vierteljahr und einem Jahr getroffen. Dieser kürzere Zeitrahmen erlaubt bessere Vorhersagen als Grundlage für die Entscheidungen. Hierzu zählen Entscheidungen bezüglich Bestandspolitik, Fertigungsmenge, Beziehungen der zu versorgenden Märkte und Orte, von denen beschafft werden soll. Diese Phase wird auch als Supply-Chain-Planungsphase bezeichnet, da hier Fertigungspläne erstellt werden[17].
  • Die dritte Phase wird als operatives Supply-Chain-Management bezeichnet. Sie ist durch Unternehmensentscheidungen in einem Zeitrahmen auf Tages- bis Wochenbasis gekennzeichnet, in dem kaum Unsicherheit über Nachfrageinformationen besteht. Das Supply-Chain-Design aus der ersten Phase und die Pläne aus der zweiten Phase werden als gegeben hingenommen, um in dieser Phase nun eingehende Kundenaufträge angemessen zu handhaben[18]. Zu typischen Entscheidungen in dieser Phase zählen jene über Ablaufplanung, Picklisten, Lkw-Beladung und Beziehungen zwischen Bestellung und Bestand.

Peitscheneffekt

Illustration des Peitscheneffekts: Der Endkunde gibt eine Bestellung auf (Peitschenschlag) und in vorgelagerte Richtung der Lieferkette schaukeln sich die Bestellschwankungen immer weiter auf.

Eine bekannte Beobachtung im SCM stammt von Procter & Gamble: Bei der Betrachtung der Bestellungen für Windeln, deren Nachfrage vom Endverbraucher aufgrund des täglichen Bedarfs der Säuglinge recht konstant verläuft, fiel dem Unternehmen auf, dass die Bestellzahlen im Einzelhandel und noch stärker im Großhandel schwanken. Am stärksten pflanzten sich diese Schwankungen zu den Lieferanten der Materialien fort, die in den Windeln verarbeitet werden.[19] Dieses Phänomen der Aufschaukelung von Bestellschwankungen in vorgelagerte Richtung der Lieferkette tritt in vielen Branchen auf und wird als Peitscheneffekt (engl. bullwhip effect) bezeichnet. Es ist für das SCM derartig bedeutend, dass es auch als „erstes Gesetz dynamischer Lieferketten“ (“first law of supply chain dynamics”) bezeichnet wurde.[20] Es lassen sich insbesondere vier Ursachen für den Peitscheneffekt identifizieren:[21]

  1. Verarbeitung von Nachfragesignalen: Hierbei wird die beobachtete Nachfrage als Signal für die zukünftige Nachfrage aufgefasst, was oft jedoch nicht der Fall ist.
  2. Auftragsbündelung: Aufgrund von Transaktionskosten ist eine Bestellung in jeder Periode oft nicht wirtschaftlich, sodass sich eine Bündelung von Aufträgen lohnt. Dies führt zu Prognoseproblemen in vorgelagerte Richtung der Lieferkette.
  3. Engpasspoker: Ein Lieferant rationiert proportional zu den Bestellungen seiner Kunden aufgrund eines Lieferengpasses die Lieferungen, wodurch die Kunden zur Erhöhung ihrer Ration mehr bestellen als sie benötigen.
  4. Preisschwankungen: Vermutet ein Abnehmer steigende Preise, so ist damit zu rechnen, dass die derzeitige Nachfrage steigt und sich der Abnehmer Vorräte anlegt, die nicht auf die aktuelle Nachfragesituation abgestimmt sind.

Es wurden zahlreiche Gegenmaßnahmen vorgeschlagen, von denen der gemeinsame Zugriff auf Informationen über Bestellzahlen durch alle Mitglieder der Lieferkette eine bedeutende Rolle einnimmt.

Typische Problemstellungen des Supply-Chain-Managements

Charakteristische Problemstellungen des Supply-Chain-Managements sind beispielsweise:

  • Kooperation und Wettbewerb zwischen den Mitgliedern einer Supply Chain (können dezentral gesteuerte Supply Chains wettbewerbsfähiger sein als vertikal integrierte Wettbewerber – und warum?)
  • Allokation von Leistungsprozessen und Dispositionsrechten sowie von Kosten- und Finanzierungslasten bzw. -risiken und die Verteilung von Wertschöpfungsanteilen in der Supply Chain
  • Konfiguration der Prozessstrukturen in der Supply Chain
  • Nutzung und Ausgestaltung alternativer Koordinationsformen: bspw. durch zentrale Planung mittels zweckmäßig konstruierter Anreizsysteme und abgestimmten Zielen, Performance Management und Performance Measurement Systemen, durch systemweite Informationstransparenz oder durch unternehmensübergreifendes, organisatorisches Lernen mit entsprechender Verhaltensanpassung der autonom handelnden Einheiten
  • Abbau von Fehlerquellen und Störpotentialen an den Schnittstellen der Supply-Chain-Glieder (Qualitätsmanagement); Robustheit der Supply Chain gegen Störungen
  • Bewältigung der Nachteile ungleich verteilten Wissens und verzerrter Informationsausbreitung in der Supply Chain (Informationsasymmetrien); beispielhaft durch den so genannten Peitscheneffekt (bullwhip effect) zum Ausdruck gebracht
  • Ganzheitliches Bestandsmanagement für mehrstufige Lagerhierarchien (Echelon Inventory Planning)
  • Bewältigung von Komplexität und Variantenvielfalt in der Supply Chain (insbesondere Postponement und Entkopplungspunkt)

Praktische Umsetzung des Supply-Chain-Managements

Als früher Ausdruck der Hinwendung der Industrie zu SCM-Konzepten kann die etwa 1980 einsetzende Just-in-time-Produktion (JIT) angesehen werden. JIT zielt auf eine zeitlich eng koordinierte Kopplung der Produktionsprozesse von Hersteller und Lieferant. Besondere Beachtung fand dieses Konzept in der Automobilindustrie. Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung des JIT-Gedankens waren neben der gezielten Flexibilisierung und qualitativen Stabilisierung der Leistungsprozesse auf der Lieferseite insbesondere die logistische Kopplung der Produktionsprozesse von Lieferant und Hersteller über die Verbrauchsermittlung, unter weitgehendem Verzicht auf Lagerbestände als Problempuffer, sowie unter Verwendung standardisierter Ladungsträger und Prozesse. Exemplarische Bedeutung hat in diesem Zusammenhang die aus Japan kommende Kanban-Steuerung erlangt (Pull-Prinzip in der Produktionssteuerung).

Im Handel und in der Konsumgüterindustrie manifestiert sich das Supply-Chain-Management insbesondere als Teil des Efficient-Consumer-Response-Konzeptes (ECR). Hierbei handelt es sich um eine branchenweite Initiative zur optimalen Angebotsstruktur für Konsumenten in Handelshäusern bei gleichzeitiger Rationalisierung von Supply-Chain-Prozessen. Das Konzeptgebäude stützt sich auf ein Set spezifischer Basistechnologien (z. B. Barcodes, Standards für den elektronischen Datenaustausch), logistischer Standardprozesse (z. B. Cross-Docking, Vendor Managed Inventory oder Co-Managed Inventory) und einen Prozess marketingorientierter Angebotsoptimierung: Category Management, die in einem übergreifenden gemeinsamen Planungsprozess (Collaborative Planning, Forecasting and Replenishment) verknüpft sind.

Eine branchenübergreifende Initiative maßgeblicher Großunternehmen hat mit der Erarbeitung des Supply-Chain Operations Reference Modells (SCOR-Modell) die Grundlage für die modellhafte Darstellung, die Leistungsmessung und den Leistungsvergleich sowie für das Reengineering von Supply-Chain-Prozessen geschaffen. Das SCOR-Modell will die Kommunikation über Supply-Chain-Strukturen und Supply-Chain-Prozesse zwischen den beteiligten Unternehmen erleichtern, indem es einen allgemeinen begrifflichen und konzeptionellen Bezugsrahmen hierfür schafft.

Zunehmenden Einsatz finden spezifische Software-Systeme, die auf die operative Planung und Steuerung der Supply-Chain-Aktivitäten gerichtet sind. Diese Systeme werden bspw. als Advanced Planner and Optimizer (APO), APS-System (Advanced Planning and Scheduling) oder auch als ERP-II-Systeme bezeichnet. Als Betreiber solcher Planungssysteme bieten sich insbesondere große elektronische Marktplätze an.

Software, die SCM unterstützt, tendiert neuerdings dazu, den Zustand der Lieferkette in (nahezu) Echtzeit darzustellen. Dazu werden die Güter entlang der Kette an bestimmten (Übergabe-)Punkten mit Hilfe von BDE-Systemen erfasst. Dies kann z. B. durch Scannen eines individuellen Barcodes oder durch Lesen eines RFID-Tags erfolgen. Durch die Möglichkeit der Verknüpfung dieser Echtzeitdaten mit im System hinterlegten Sollzeiten besteht die Möglichkeit mit Hilfe eines Supply Chain Event Management (SCEM) gezielt in das Logistiksystem eingreifen zu können.

In letzter Zeit wird zunehmend auch die explizite Betrachtung finanzieller Aspekte des SCM im Rahmen der Supply Chain Finanzierung diskutiert. Hierbei geht es darum, das Anlage- und Umlaufvermögen in Supply Chains so zu finanzieren, dass die Kapitalkosten der beteiligten Unternehmen minimiert wird.

Grenzen des Supply-Chain-Managements

Die Transportkosten sind durch die Liberalisierung und das Ausflaggen gesunken, daher spielt der Transportaufwand pro Volumen- oder Masseneinheit oft keine Rolle in der Planung. Besonders JIT-Systeme erzeugen aber zwei wesentliche Probleme in der Praxis:

  • durch KEP-Dienste und kleinteilige Lieferungen überlastete Docks und Laderampen
  • durch lange und häufige Transportvorgänge verletzliche Strukturen (Verkehrsstaus, Streiks, Naturgewalten, …)

Telematik-Systeme können hier die Symptome lindern ohne allerdings die auslösenden Probleme zu kurieren. Abhilfe schaffen klare Vorgaben, die Druck zur Kooperation unter den Zulieferern ausüben und eine Risikominimierung durch Einführung zusätzlicher Kriterien bei der Planung der Wertschöpfungskette. Regionale Zukäufe verringern die Latenzzeiten, erhöhen also die Regelbarkeit des Systems und vermindern das Risiko langer Transportwege.

  • Die Praxis straft alle Theorie. Mangelnde Absprache zwischen Auftraggeber und Lieferer, fehlende und falsche Spezifikationen führen zu immensen Schadensfällen im Feld/beim Kunden. Oder unabgestimmte höhere Abrufe können nicht bedient werden und führen zum Bandabriss.

Verträge zur Optimierung der kompletten Supply Chain

Das ultimative Ziel des SCM ist die Effizienzoptimierung der Lieferkette. Hier kommen mehrere Verfahren zum Einsatz, um das Inventarrisiko zwischen den Beteiligten aufzuteilen und so den Profit der gesamten Lieferkette zu erhöhen. Wenn z. B. der Hersteller eines saisonabhängigen und sich im Trend immer wieder verändernden Produktes (z. B. modische Bekleidungsstücke) einen Einzelhändler beliefert, trägt der Einzelhändler das gesamte Risiko von Leftovers (nicht verkaufter Ware). Diese Ware kann er zwar in der nächsten Saison oder auf einem Sekundärmarkt zu einem reduzierten Preis anbieten, jedoch entstehen dadurch Opportunitätskosten für den geschmälerten Gewinn je verkaufter Einheit. Es kann natürlich auch sein, dass der diskontierte Verkaufspreis unter dem Beschaffungspreis des Einzelhändlers liegt, weshalb der Einzelhändler sogar einen realen Verlust je unverkaufter Produkteinheit erleidet, die er dann später verbilligt anbieten muss. Es ist anzunehmen, dass der Hersteller seine Waren in einem eigenen Laden verkaufen will und so die Gewinnoptimierung der Lieferkette im Fokus hat. Nun können verschiedene Verfahren in Form von Verträgen zwischen Herstellern und Händlern zum Einsatz kommen, um den Gewinn der Lieferkette und den aller Beteiligten zu steigern.

Rückkaufvereinbarung

Einer dieser Verträge ist der Buy-Back-Vertrag, eine Rückkaufvereinbarung. Bei einer Rückkaufvereinbarung erklärt sich der Hersteller bereit, alle unverkauften Produkteinheiten des Händlers für einen Bruchteil des Beschaffungspreises zurückzukaufen. So kann der Händler eine größere Order des Herstellers bestellen und dennoch ein niedrigeres Risiko von Leftovers genießen. Es gibt mehrere Möglichkeiten, warum der Hersteller einem Buy-Back-Vertrag zustimmen könnte. Zum Beispiel könnte der Hersteller die unverkaufte Ware zurückkaufen wollen, um sein Markenimage zu schützen. Als Hersteller von Designerware will man den Kunden das Gefühl geben, dass die Ware etwas besonderes ist und sie populär ist, um den hohen Preis zu rechtfertigen. Dieses Ziel ist aber nur schwer zu erreichen, wenn gerade diese Kunden am Ende der Saison diese Produkte mit den Niedrigpreisetiketten in den Schaufenstern sehen. Des weiteren entstehen durch solche Verkäufe am Ende der Saison so genannte „strategische Käufer“, die zwar das Geld haben, um während der Saison die Ware zu kaufen, aber gezielt bis zum Ende der Saison warten, um die Produkte dann verbilligt zu kaufen.

Revenue Sharing Vertrag

Eine weitere Vertragsart ist das Revenue Sharing. Bei diesem Vertrag verkauft der Hersteller dem Händler die Ware zu einem verbilligten Beschaffungspreis und als Ausgleich beteiligt der Händler den Hersteller am Gewinn aus dem Verkauf der Ware. Zu einem großen Einsatz dieses Verfahrens ist es in der Videoverleih-Industrie gekommen. Früher haben die Filmstudios den Videotheken die Videos für je 60 bis 70 USD verkauft und die Videotheken durften den gesamten Gewinn behalten. Deshalb mussten die Videotheken bei einer normalen Leihgebühr das Video ca. 20 mal verleihen, bis sich diese Investition amortisiert hatte. Dies führte dazu, dass die Händler bei Filmen nur eine geringe Anzahl an Videos gekauft haben, da die Nachfrage bei neuen Videos in der Regel anfangs sehr hoch ist, später jedoch sehr schnell zu sinken beginnt. Dieser Engpass zwischen Nachfrage und Angebot führte dazu, dass die Kunden sich nach anderen Möglichkeiten zur schnellen Verfügbarkeit neuer Filme umsahen und sie daraufhin z. B. zu Pay-TV Kanälen gewechselt sind. Da die Kosten zur Herstellung eines Videotapes sehr niedrig sind, war es zur Optimierung der gesamten Supply Chain naheliegend, den Videotheken zusätzliche Videotapes zur Verfügung zu stellen. Dies führte zu einer Reduzierung des Beschaffungspreises auf 8 USD, jedoch mussten die Händler den Studios nun einen 50 %igen Anteil am Gewinn abgeben. Dadurch hat sich die Amortisation auf weniger als sechsmaliges Verleihen reduziert und es wurde lukrativ für die Videotheken, mehr Tapes von den Studios zu kaufen. Diese Erhöhung der Verfügbarkeit wurde dann in den USA genutzt für die „Guaranteed to be there“ und „Go home happy“ Marketing-Kampagnen.

Quantity flexibility contract

Bei diesem Vertrag bestellt der Händler eine Menge Q vom Hersteller und kann, nachdem die Saison angefangen hat und er durch die anfänglichen Verkäufe die Saisonnachfrage einschätzen kann, die Bestellmenge beim Hersteller zu einem bestimmten Prozentsatz nach oben oder unten korrigieren. Dabei erhält er den vollen Beschaffungspreis je zurückgegebener Ware vom Hersteller zurück.

Options Contract

Bei diesem Vertrag kann der Händler beim Hersteller, unter Nachfrageungewissheit, eine gewisse Anzahl an Optionen vor der Saison kaufen. Dabei ist der Preis je Option ein Bruchteil des eigentlichen Beschaffungspreises, z. B. werden nur die Produktionskosten des Herstellers durch den Optionspreis abgedeckt. Daraufhin hat er später, wenn der Händler die wahrscheinliche Nachfrage berechnen kann, die Möglichkeit, diese gekaufte Anzahl an Optionen beim Hersteller für einen zusätzlichen Betrag (in der Regel die Differenz zwischen dem eigentlichen Beschaffungspreis und dem Optionspreis) zu aktivieren. Der Händler bekommt dann die Menge an Produkten für seine Anzahl an aktivierten Optionen von dem Hersteller geliefert. Für nicht aktivierte Optionen entstehen keine zusätzlichen Kosten für den Händler. Bei dieser Art von Vertrag wird das Risiko von Leftover-Kosten für den Händler reduziert und der Hersteller muss nicht befürchten, auf den Produktionskosten seiner Produkte sitzen zu bleiben, falls der Händler die Order widerruft.

Sustainable Supply-Chain-Management

Das Sustainable Supply Chain Management (SSCM) ist ein Konzept des Nachhaltigkeitsmanagements, mit dem die ökologischen und sozialen Aspekte innerhalb einer Lieferkette betrachtet werden. Es werden sowohl angepasste Instrumente aus der bewährten Managementpraxis benutzt, als auch speziell für dieses Konzept entwickelte. Beispiele dafür sind Stoffstromanalysen zur Materialeinsparung oder Checklisten zur Ermittlung der Belastbarkeit der Akteure in der Lieferkette.

Für Unternehmen mit Nachhaltigkeitsmanagement ist eine SSCM ein wichtiges Element, da es durch seine Flexibilität in vielen Bereichen der nachhaltigen Unternehmensführung eingesetzt werden kann und im Rahmen des globalen Wettbewerbs eine nachhaltige Entwicklung gerade in überbetrieblichen Systemen effektiv umgesetzt werden kann. Im ökologischen Bereich ermöglicht die Transparenz über die Inhaltsstoffe der Produkte ein besseres Recycling bzw. Weiterverarbeitung, die gemeinsame Steuerung der Kette ermöglicht wie im klassischen SCM die Reduzierung von Stoff- und Energieströmen zur Kostenreduzierung und Ressourcenschonung. Zudem lässt sich nur sicherstellen, dass ein Produkt nachhaltig und umweltschonend hergestellt wird, wenn sich alle Elemente der Lieferkette auf diesen Aspekt überprüfen lassen. Dies gilt insbesondere auch für den sozialen Part der Nachhaltigkeit. Durch SCM lässt sich innerhalb der Lieferkette deutlicher ermitteln, ob bei den Zulieferbetrieben beispielsweise Mindestlöhne oder Kinderarbeit gegeben sind.[22]

Bezieht sich Nachhaltigkeit nicht auf ökologische oder soziale, sondern auf ökonomische Aspekte, somit die ökonomische Überlebensfähigkeit der Lieferkette, so hat das Supply-Chain-Risikomanagement in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen.

Fachzeitschriften

In der Wissenschaft gehören das International Journal of Logistics Management, das Journal of Business Logistics, das Journal of Operations Management, Production and Operations Management, das Journal of Supply Chain Management, das International Journal of Production Research, das International Journal of Production Economics,Supply Chain Management: An International Journal, das Journal of Purchasing and Supply Management und das International Journal of Physical Distribution & Logistics Management, um nur einige zu nennen, zu den bekanntesten Fachzeitschriften im Umfeld des Supply-Chain-Managements und erreichen in Zeitschriftenbewertungen mittlere bis hohe Ränge.[23][24]

Literatur

  • Ballou, R. H. (2004): Business Logistics/Supply Chain Management. Planning, Organizing, and Controlling the Supply Chain. 5th Ed., Upper Saddle River. ISBN 0-13-149286-1.
  • Cachon, G., Terwiesch, C. (2006). Matching supply with demand – An introduction to operations management, McGraw-Hill, New York.
  • Chopra, S.; Meindl, P. (2006): Supply Chain Management. Strategy, Planning, and Operation. 3rd Ed. Upper Saddle River. ISBN 0-13-208608-5
  • Christopher, M. (1998): Logistics and Supply Chain Management. Strategies for Reducing Cost and Improving Service. 2nd Ed. London.
  • Kouvelis, P.; Chambers, C.; Wang, H. (2006): Supply Chain Management Research and Production and Operations Management: Review, Trends, and Opportunities. In: Production and Operations Management, Vol. 15, No. 3, pp. 449–469.
  • Simchi-Levi, D.; Kaminsky, P.; Simchi-Levi, E. (2008): Designing and Managing the Supply Chain: Concepts, Strategies and Case Studies. 3rd Ed. Boston. ISBN 0-07-128714-0
  • Stadtler, H.; Kilger, C. (2007): Supply Chain Management and Advanced Planning: Concepts, Models, Software, and Case Studies. 4th Ed. Berlin. ISBN 3-540-74511-4

Quellen

  1. ↑ vgl. Andreas Wieland, Carl Marcus Wallenburg (2011): Supply-Chain-Management in stürmischen Zeiten. Berlin.
  2. a b CSCMP: CSCMP Supply Chain Management Definitions. Abrufdatum: 30. November 2008.
  3. ↑ vgl. Chen, Injazz J.; Paulraj, Antony (2004), “Towards a theory of supply chain management: the constructs and measurements”, Journal of Operations Management, Vol. 22, No. 2, S. 119–150.
  4. ↑ vgl. Simchi-Levi, David; Kaminsky, Philip; Simchi-Levi, Edith (2008), Designing and Managing the Supply Chain: Concepts, Strategies and Case Studies, 3rd Ed. Boston, S. 1.
  5. ↑ vgl. Lambert, Douglas M., Martha C. Cooper, Janus D. Pagh (1998), “Supply Chain Management: Implementation Issues and Research Opportunities”, The International Journal of Logistics Management, Vol. 9, No 2, S. 1–19.
  6. ↑ Oliver, R. K.; Webber, M. D. (1982): Supply Chain Management: Logistics Catches up with Strategy. Nachgedruckt in: Christopher, M. (Ed.): Logistics: The Strategic Issues, London 1992, pp. 63–75.
  7. ↑ Gibson, Brian J.; Mentzer, John T.; Cook, Robert L. (2005), “Supply Chain Management: The Pursuit of a Consensus Definition”, Journal of Business Logistics, Vol. 26, No. 2, pp. 17–25.
  8. ↑ Im englischen Original: “an integrative philosophy to manage the total flow of a distribution channel from the supplier to the ultimate user”, Cooper/Ellram (1990).
  9. ↑ Im englischen Original: “the management of a network of interconnected businesses involved in the ultimate provision of product and service packages required by end customers”, Harland (1996).
  10. ↑ Frankel, Robert; Näslund, Dag; Bolumole, Yemisi (2005), “The ‘White Space’ of Logistics Research: A Look at the Role of Methods Usage”, Journal of Business Logistics, Vol. 26, No. 2, pp. 185–208.
  11. H. Kotzab: Zum Wesen von Supply Chain Management vor dem Hintergrund der betriebswirtschaftlichen Logistikkonzeption–erweiterte Überlegungen. In: Supply Chain Management. München. 2000, S. 21–47.
  12. ↑ vgl. Larson, P. D.; Halldórsson, Á. (2004): Logistics Versus Supply Chain Management: An International Survey. In: International Journal of Logistics: Research and Applications. Vol. 7 No 1, pp. 17–31.
  13. ↑ vgl. Mentzer, John T.; Stank, Theodore P.; Esper, Terry L. (2008), “Supply Chain Management and its Relationship to Logistics, Marketing, Production, and Operations Management”, Journal of Business Logistics, Vol. 29, No. 1, p. 33.
  14. ↑ vgl. de Kok, A. G.; Graves, Stephen C. (2003), Handbooks in Operations Research and Management Science. Vol. 11. Supply Chain Management: Design, Coordination and Operation. Amsterdam., p. 1
  15. ↑ vgl. Simchi-Levi, David; Kaminsky, Philip; Simchi-Levi, Edith (2008), Designing and Managing the Supply Chain: Concepts, Strategies and Case Studies, 3rd Ed. Boston, p. 12.
  16. ↑ vgl. Chopra, Sunil; Meindl, Peter (2007), Supply Chain Management. Strategy, Planning, and Operation, 3rd Ed. Upper Saddle River.
  17. ↑ vgl. Chopra, Sunil; Meindl, Peter (2007), Supply Chain Management. Strategy, Planning, and Operation, 3rd Ed. Upper Saddle River.
  18. ↑ vgl. Chopra, Sunil; Meindl, Peter (2007), Supply Chain Management. Strategy, Planning, and Operation, 3rd Ed. Upper Saddle River, p. 9
  19. ↑ vgl. Lee et al. (1997): The Bullwhip Effect in Supply Chains. Sloan Management Review, Spring 1997.
  20. ↑ vgl. Kouvelis et al. (2006): Supply Chain Management Research and Production and Operations Management: Review, Trends, and Opportunities. Production and Operations Management, Vol. 15, No. 3, pp. 449–469.
  21. ↑ vgl. Lee et al. (2004): Information Distortion in a Supply Chain: The Bullwhip Effect. Management Science. Vol. 50, No. 12, pp. 1875-1886.
  22. ↑ vgl. Bundesumweltministerium (BMU); econsense & Centre for Sustainability Management (CSM) (Hrsg.) (2007): Nachhaltigkeitsmanagement in Unternehmen. Von der Idee zur Praxis: Managementansätze zur Umsetzung von Corporate Social Responsibility und Corporate Sustainability. 3. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Berlin/Lüneburg: BMU, econsense & CSM.
  23. ↑ Zeitschriftenranking der britischen Association of Business Schools, Abrufdatum: 19. Juli 2011
  24. ↑ Zeitschriftenranking VHB-JOURQUAL 2.1, Abrufdatum: 19. Juli 2011

Siehe auch

  • Demand Chain Management
  • Lieferantenintegration
  • Expediting
  • Beschaffung

Weblinks

Wikibooks Wikibooks: Supply Chain Management – Lern- und Lehrmaterialien
Normdaten: SWD in der DNB: 4684051-5

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